Integration: Wirtschaftsintegration

Integration: Wirtschaftsintegration
 
Entsprechend ihres Integrationsgrades können mehrere Formen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit unterschieden werden: die ökonomische Zusammenarbeit, die Freihandelszone, die Zollunion, der gemeinsame Markt und letztlich, die höchste Stufe der wirtschaftlichen Integration, die Wirtschaftsunion. Wird Letztere verknüpft mit einem einheitlichen Währungssystem, spricht man von einer Wirtschafts- und Währungsunion. Ziel einer solchen wirtschaftlichen Integration ist es immer, den internationalen Handel, Kapitalmobilität sowie die Freizügigkeit von Personen zu erleichtern, wirtschaftliche Aktivität also nicht auf die eigenen Landesgrenzen zu beschränken. Damit sollen Wachstums- und Wohlfahrtseffekte u. a. durch eine verstärkte Arbeitsteilung oder eine größere Produktvielfalt in den wirtschaftlich kooperierenden Ländern erreicht werden.
 
 Die vier wichtigsten Formen der Wirtschaftsintegration
 
In einer Freihandelszone schließen sich mehrere Staaten zusammen, die sowohl die Binnenzölle als auch andere Handelshemmnisse (z. B. Kontingente) im Innern abschaffen. Im Gegensatz zur Zollunion wird aber kein einheitlicher Außenzolltarif erhoben. Die Bestimmungen des GATT (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) erlauben Freihandelszonen ebenso wie Zollunionen, obwohl sie gegen das Prinzip verstoßen, allen Handelspartnern die gleichen Bedingungen und Vergünstigungen einzuräumen. Eine Zollunion ist definiert als ein einheitliches Zollgebiet mehrerer Staaten. Die Mitglieder einer Zollunion erheben einerseits einheitliche Ein- und Ausfuhrzölle (gemeinsamer Zolltarif) gegenüber Drittländern und schaffen andererseits Binnenzölle zwischen den Unionsländern ab. Bei Einfuhren in eine Zollunion werden Drittlandsprodukte nur einmal und zwar beim Eintritt in das einheitliche Zollgebiet verzollt. Durch eine Handelssteigerung soll die Wohlfahrt aller Mitgliedsländer in einer Zollunion erhöht werden (Handelsschaffung). Gleichzeitig kann sie aber auch wohlfahrtsmindernde Wirkungen haben, wenn sie zu einer Umlenkung des Handels von kostengünstiger produzierenden Drittländern auf Mitgliedsländer führt, die zwar zu höheren Kosten produzieren, aber im Gegensatz zu den Drittländern nicht mehr mit Zöllen belastet sind (Handelsumlenkung). Während in einer Zollunion allein der Handel mit Gütern und Dienstleistungen völlig liberalisiert ist, sind in einem gemeinsamen Markt darüber hinaus auch die Produktionsfaktoren uneingeschränkt mobil; es gibt also auch einen freien Kapital- und Personenverkehr. Voraussetzung für die Verschmelzung von Volkswirtschaften zu einem Binnenmarkt sind gemeinsame Wettbewerbsregeln sowie eine gewisse Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften und der Steuer- und Ausgabenpolitik. Die Wirtschaftsunion geht über den gemeinsamen Markt hinaus, da ihre Teilnehmerländer eine weitgehend oder zumindest teilweise harmonisierte Wirtschaftspolitik betreiben. Damit verbunden ist die Schaffung entsprechender supranationaler Institutionen mit eigenen Kompetenzen, sodass nationales Recht zunehmend durch supranationales Recht abgelöst wird.
 
 Wirtschaftsintegration in Europa
 
Eine große Freihandelszone in Europa wurde durch Freihandelsabkommen 1972 und 1973 zwischen den damaligen EG- und EFTA-Staaten (EFTA = European Free Trade Association), und damit den meisten westeuropäischen Ländern, eingerichtet. Die EG war von Anfang an als eine über eine solche Freihandelszone hinausgehende Konzeption angelegt. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) auf der Grundlage der Römischen Verträge von 1957 war eine Zollunion. Diese hatte aber immer das Ziel eines gemeinsamen Markts vor Augen. Die Europäische Gemeinschaft (EG) baute ihre Binnenzölle schrittweise bis Mitte 1968 für gewerbliche bzw. bis Anfang 1970 für landwirtschaftliche Produkte ab und erhebt seitdem einen gemeinsamen Zolltarif. Damit ist der freie Güterverkehr im Innern der Gemeinschaft gewährleistet. Seit 1975 werden die gesamten Zolleinnahmen an den EG-Haushalt abgeführt.
 
Im Rahmen des EG-Binnenmarkts wurde schließlich der gemeinsame Markt verwirklicht. Um keine Grenzen zum EG-Binnenmarkt aufkommen zu lassen, wurde von den EG- und den EFTA-Staaten ein Vertrag über einen Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 1992 in Porto unterzeichnet. Die Schweiz trat dem EWR als einziges EFTA-Land jedoch nicht bei. Mit dem Inkrafttreten des EWR-Vertrages 1994 wurden die meisten der EG-Binnenmarkt-Vorschriften von den EFTA-Staaten übernommen, was ihren EU-Integrationsprozess erleichterte.
 
In der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU), deren dritte Stufe mit der Einführung des Euro am 1.1.1999 startete (Europäische Währungsunion, EWU), sind sowohl die Wechselkurs- als auch die Zinspolitiken durch die gemeinsame Währung vereinheitlicht. Darüber hinaus wurden bereits in den Jahren vor dem Start der EWU andere Bereiche wie insbesondere die Struktur-, Regional- und Agrarpolitik zunehmend koordiniert.

Universal-Lexikon. 2012.

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